Schwindel und Stress

Bei einer aktuellen Umfrage unter HNO-Fachärzten des HNOnet NRW gaben diese an, dass durchschnittlich 50% aller geklagten Beschwerden in der Praxis stressbedingt seien oder mit Stress in Verbindung stehen würden. Dazu gehörte auch das Symptom Schwindel.

Das hat gleich mehrere Gründe. So führen dauerhafte Überlastungen zu einer schlechteren Mikrodurchblutung des Innenohres. Die empfindlichen Sinneszellen bekommen nicht mehr genug Sauerstoff und können zu Schaden kommen. Auch der Stoffwechsel leidet bei Stress. Es werden vermehrt schädliche Substanzen in der Zelle abgelagert. Die Funktion verschlechtert sich und es kann zu einer akuten Schädigung des Gleichgewichtsorgans kommen. Das kann man sich wie einen Hörsturz vorstellen, nur dass in dem Fall nicht das Hör-, sondern das Gleichgewichtsorgan betroffen ist. Aber auch ein akuter Anfall beim Morbus Menière mit Drehschwindel, Hörstörungen und Tinnitus kann durch Stress ausgelöst werden.

Dauerhafter Stress führt aber auch zu Verarbeitungsstörungen im Gehirn und verschlechtert dadurch die Gleichgewichtsregulierung. Man kommt im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Gleichgewicht. Vor allem bei Vorschädigungen des Gleichgewichtsorgans führt das zu einer verminderten Kompensationsfähigkeit des Gehirns. Der Schwindel nimmt an Tagen mit starker Anspannung zu und an entspannten Tagen wieder ab. In diesen Fällen hilft neben einem verbesserten Stressmanagement vor allem ein gezieltes Schwindeltraining in Form moderner Biofeedbackverfahren. Die Gleichgewichtsregulation und Koordinationsfähigkeit lässt sich damit steigern und subjektive Schwindelbeschwerden bessern.

Autor: Dr. med. Uso Walter (Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde)

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Interview mit dem Schwindelexperten Dr.Uso Walter zum Thema Schwindeltraining

Dr. med. Uso Walter ist niedergelassener Arzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde in Duisburg und Vorsitzender des Facharztnetzes HNOnet NRW. Er ist auf die Behandlung von Schwindelerkrankungen und Tinnitus spezialisiert. Er gehört zu dem Expertenteam, das gemeinsam mit der Gesellschaft für Elektronik und Design, dem Fraunhofer-Institut und der Uni Duisburg das EQUIVert-System mit dem Schwindeltrainer EQUIFit entwickelt hat. Mit seinem Startup mynoise GmbH bringt er im Frühsommer die Tinnitus-App Kalmeda auf den Markt (www.kalmeda.de ).

Wie ist die Idee für den Schwindeltrainer entstanden?

Patienten mit chronischem Schwindel oder Gleichgewichtsproblemen können durch Training lernen, ihre Beschwerden deutlich zu reduzieren und ihre Lebensqualität nachhaltig verbessern. Moderne Biofeedback-Verfahren, die hier am besten helfen, standen bisher aber nur in spezialisierten Kliniken zur Verfügung und das Training war dadurch mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Das wollten wir ändern und haben daher ein Trainingsgerät entwickelt, das auch für den täglichen Hausgebrauch geeignet ist. Denn der Erfolg eines Trainings basiert letztlich immer auf Regelmäßigkeit.

Bei welchen Erkrankungen wirkt ein Schwindeltraining?

Ein Schwindeltraining bewirkt, dass die Gleichgewichtsregulation im Kopf sich verbessert. Ein Training ist daher grundsätzlich bei allen Gleichgewichtsstörungen wirksam. Aber es gibt natürlich graduelle Unterschiede. Je jünger der Patient und je leichter die Störung, desto schneller wirkt es. Ein durch Schäden im Innenohr verursachter Schwindel lässt sich auch besser als ein neurologischer behandeln.

Welchen Stellenwert hat ein Schwindeltraining bei der Behandlung von Gleichgewichtsstörungen?

Eine Schwindeltherapie ist immer eine Kombinationsbehandlung aus verschiedenen Bausteinen und der Stellenwert dieser Bausteine ändert sich im Verlauf der Erkrankung. In der akuten Phase sind Medikamente und eine Ruhigstellung des Patienten wichtig, je länger die Störung anhält, desto wichtiger wird dann die Mobilisierung und das Training. Dadurch lernt das Gehirn mit der Schädigung umzugehen und Schwindel und Koordinationsstörungen lassen sich reduzieren.

Was zeichnet denn das Schwindeltraining mit Equivert gegenüber anderen Verfahren aus?

Drei Dinge sind hier besonders wichtig: Erstens lässt sich dynamisch trainieren, das heißt mit realen Bewegungsmustern wie Gehen oder Drehen und nicht nur im Stehen. Zweitens kann mit geschlossenen Augen trainiert werden, was für den Lerneffekt besonders wichtig ist, da sonst das Sehen stabilisierend wirkt. Und drittens passt sich der Schwierigkeitsgrad der Übungen im Laufe des Programms an den individuellen Fortschritt an, was den Lerneffekt besonders groß macht.

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Welche Medikamente helfen bei Schwindel?

Akuter Schwindel ist für die Betroffenen sehr bedrohlich und geht häufig mit Angst, Stressreaktionen und Übelkeit bis hin zum Erbrechen einher. Bis die Ursachen gefunden und im Idealfall beseitigt sind, kann aber einige Zeit vergehen. Zeit, in der eine möglichst effektive medikamentöse Schwindeltherapie helfen kann, Symptome zu lindern und eine Chronifizierung zu vermeiden.

Die Ursache von Schwindel kann sehr unterschiedlich sein, das Symptom selbst entsteht aber immer im Kopf. Wirksame Medikamente wirken daher dämpfend auf das Gehirn und unterdrücken so das Schwindelgefühl. Diese Dämpfung macht aber gleichzeitig immer auch etwas benommen und kann zu unterschiedlich starker Müdigkeit führen. Das führt aber wiederum zu einer erhöhten Sturzgefahr, die man in jedem Fall vermeiden will.

Echte Beruhigungsmittel, wie man sie früher häufig gegeben hat und von denen Benzodiazepine (z.B.Valium) die bekanntesten sind, sind daher heute obsolet. Stattdessen gibt man im akuten Schwindelanfall Dimenhydrinat, ein Antihistaminikum, dass auch gegen Reisekrankheit wirkt und in der Apotheke frei erhältlich ist. Da Dimenhydrinat als hochdosierte Einzelsubstanz allerdings immer noch relativ müde macht, ist vor allem für längere Therapien ein Kombinationspräparat aus niedriger dosiertem Dimenhydrinat und Cinnarizin das Mittel der ersten Wahl. Es unterdrückt den Schwindel ohne dabei müde zu machen oder die Sturzgefahr zu erhöhen. Das Präparat ist verschreibungspflichtig.

Bei der Mèniér´schen Erkrankung bewirkt Betahistin eine Stabilisierung des Innenohres und kann nachweislich Schwindelanfälle verhindern. Symptomatisch ist es dagegen nicht so gut wirksam wie das oben genannte Kombinationspräparat aus Dimenhydrinat und Cinnarizin. Betahistin muss als präventiv wirkendes Medikament regelmäßig eingenommen werden und ist verschreibungspflichtig.

Autor: Dr. med. Uso Walter (Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde)

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Schwindel und Halswirbelsäule – besteht ein Zusammenhang?

Viele Patienten geben spontan an, den Schwindel durch Beschwerden der Halswirbelsäule bekommen zu haben. Aber gibt es das überhaupt? Die Fachleute jedenfalls sind sich bis heute nicht ganz einig darüber. Während die HNO-Ärzte schon in den 1960er Jahren Studien veröffentlichten, die einen Zusammenhang zwischen HWS-Problemen und Schwindelbeschwerden nahelegen, finden die Neurologen bis heute bei ihren Untersuchungen keinen eindeutigen Hinweis dafür. Eine breit angelegte Umfrage unter Ärzten aller Fachgruppen sieht den HWS-bedingten Schwindel aber immerhin unter den Top Ten der Schwindelursachen auf Platz 4.

Diese unterschiedliche Einschätzung liegt wahrscheinlich vor allem an einem Missverständnis: Der Begriff HWS wird nämlich von den verschiedenen Fachgruppen sehr unterschiedlich genutzt. Versteht man unter HWS nur den knöchernen Teil der Halswirbelsäule wie die Neurologen und Orthopäden es in der Regel tun, dann ist ein direkter Zusammenhang mit Schwindelbeschwerden tatsächlich sehr unwahrscheinlich. Nimmt man jedoch auch den muskulären Teil der Halswirbelsäule hinzu, dann ist eine Schwindelentstehung durchaus wissenschaftlich nachvollziehbar. Denn in den Halsmuskeln messen kleine Sensoren ständig die Spannung der Muskulatur und melden diese dem Gleichgewichtszentrum. Dauerhafte Fehlhaltungen oder Verspannungen führen dazu, dass diese Meldungen sich widersprechen und man im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht. HWS-bedingter Schwindel ist also durchaus möglich. Er entsteht aber nicht durch Veränderungen der Halswirbelsäule selber, sondern durch muskuläre Verspannungen.

Auch ein Lagerungsschwindel tritt statistisch gehäuft bei Verspannungen der Halswirbelsäule auf. Hier sind die Zusammenhänge aber noch völlig unklar, denn der Lagerungsschwindel beruht auf verirrten Otolithen, kleinen Kristallen im Innenohr, die normalerweise die Schwerkraft messen und die sich beim Lagerungsschwindel aus noch unbekannten Gründen in die so genannten Bogengänge verirren, die die Drehbeschleunigung bei Kopfbewegungen registrieren.

Autor: Dr. med. Uso Walter (Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde)

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Wenn Medikamente Schwindel machen

Jeder, der schon mal ein Gläschen Wein zu viel getrunken hat, weiß, dass Schwindel nicht nur durch Krankheiten verursacht werden kann, sondern auch durch chemische Substanzen. Aber nicht nur Alkohol kann Schwindel und Gleichgewichtsstörungen verursachen. Viele Medikamente haben eine Wirkung auf das Gehirn oder das Herz-Kreislaufsystem und können mehr oder weniger starken Schwindel auslösen. Es lohnt sich also, bei chronischen Schwindelbeschwerden auch einmal einen Blick auf die Medikamentenliste zu werfen. Das gilt besonders bei älteren Patienten, die durch Vorerkrankungen geschwächt sind und häufig eine ganze Liste unterschiedlicher Tabletten nehmen.

Welche Mittel aber können Schwindel auslösen? Liest man sich die Beipackzettel durch oder sucht bei Google, bekommt man schnell den Eindruck, dass eigentlich jedes Medikament zu Schwindelbeschwerden führen kann. Aber ganz so schlimm ist es dann doch nicht: Vor allem zwei große Gruppen von Medikamenten sind hier zu nennen. Einmal die zentral, das heißt im Gehirn wirkenden Beruhigungs- und Antidepressionsmittel und zum anderen viele blutdrucksenkende Mittel.

In der ersten Gruppe sind es vor allem starke Beruhigungs- und Schlafmittel, die das Gehirn ähnlich wie Alkohol beeinflussen und die Gleichgewichtsregulation stören. Hier ist auch die Sturzgefahr besonders groß, so dass Patienten mit vorbestehenden Schwindelerkrankungen solche Medikamente strikt meiden sollten. Aber auch Antidepressiva, deren Gebrauch in den letzten Jahren aufgrund der steigenden Zahl von psychischen Erkrankungen ständig steigt, können diffuse Schwindelgefühle verursachen.

Bei den blutdrucksenkenden Mitteln können vor allem Betablocker und Entwässerungsmittel (Diuretika) Schwindelbeschwerden verursachen. Dieser entsteht durch eine Minderdurchblutung des Gehirns und macht sich meist als Unsicherheitsgefühl, „Schwarzwerden-vor-den-Augen“ und leichtes Taumeln bemerkbar.

Wesentlich seltener sind Schwindelbeschwerden aufgrund einer medikamentösen Schädigung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr. Aber auch hier können bestimmte Antibiotika (Gentamycin) oder Chemotherapeutika die empfindlichen Sinneszellen schädigen und so zu Gleichgewichtsstörungen führen.

Autor: Dr. med. Uso Walter (Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde)

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