Schwindel und Halswirbelsäule – besteht ein Zusammenhang?

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Viele Patienten geben spontan an, den Schwindel durch Beschwerden der Halswirbelsäule bekommen zu haben. Aber gibt es das überhaupt? Die Fachleute jedenfalls sind sich bis heute nicht ganz einig darüber. Während die HNO-Ärzte schon in den 1960er Jahren Studien veröffentlichten, die einen Zusammenhang zwischen HWS-Problemen und Schwindelbeschwerden nahelegen, finden die Neurologen bis heute bei ihren Untersuchungen keinen eindeutigen Hinweis dafür. Eine breit angelegte Umfrage unter Ärzten aller Fachgruppen sieht den HWS-bedingten Schwindel aber immerhin unter den Top Ten der Schwindelursachen auf Platz 4.

Diese unterschiedliche Einschätzung liegt wahrscheinlich vor allem an einem Missverständnis: Der Begriff HWS wird nämlich von den verschiedenen Fachgruppen sehr unterschiedlich genutzt. Versteht man unter HWS nur den knöchernen Teil der Halswirbelsäule wie die Neurologen und Orthopäden es in der Regel tun, dann ist ein direkter Zusammenhang mit Schwindelbeschwerden tatsächlich sehr unwahrscheinlich. Nimmt man jedoch auch den muskulären Teil der Halswirbelsäule hinzu, dann ist eine Schwindelentstehung durchaus wissenschaftlich nachvollziehbar. Denn in den Halsmuskeln messen kleine Sensoren ständig die Spannung der Muskulatur und melden diese dem Gleichgewichtszentrum. Dauerhafte Fehlhaltungen oder Verspannungen führen dazu, dass diese Meldungen sich widersprechen und man im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht. HWS-bedingter Schwindel ist also durchaus möglich. Er entsteht aber nicht durch Veränderungen der Halswirbelsäule selber, sondern durch muskuläre Verspannungen.

Auch ein Lagerungsschwindel tritt statistisch gehäuft bei Verspannungen der Halswirbelsäule auf. Hier sind die Zusammenhänge aber noch völlig unklar, denn der Lagerungsschwindel beruht auf verirrten Otolithen, kleinen Kristallen im Innenohr, die normalerweise die Schwerkraft messen und die sich beim Lagerungsschwindel aus noch unbekannten Gründen in die so genannten Bogengänge verirren, die die Drehbeschleunigung bei Kopfbewegungen registrieren.

Autor: Dr. med. Uso Walter (Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde)

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